Kommunale Wärmeplanung und Vergaberecht – Welche grundlegenden Fragen sind zu klären?
Beitrag vom 22.03.2024:
Nach dem jüngst in Kraft getretenen WPG müssen Wärmepläne für Gemeindegebiete erstellt werden (§ 4 WPG). Können die zuständigen Stellen nicht mit eigenem Personal und Material die Wärmeplanung durchführen, muss dies in der Regel durch einen geeigneten externen Dienstleister – z.B. ein Ingenieur- oder Planungsbüro – übernommen werden.
Damit liegt die Frage auf der Hand, ob derartige Leistungen nach Vergaberecht ausgeschrieben werden müssen und wenn ja, welche Regelungen zu beachten sind bzw. welche Spielräume genutzt werden können!
Regelmäßig liegt eine Beschaffung vor
Zunächst muss geklärt werden, ob überhaupt eine Beschaffung im Sinne des Vergaberechts vorliegt. Dies wird sich regelmäßig schnell beantworten lassen: Kann oder will die planungsverantwortliche Stelle keine eigenen Kapazitäten zur Durchführung der kommunalen Wärmeplanung aufbringen – etwa weil spezialisiertes Personal schlicht nicht vorhanden ist –, dann wird sie sich die entsprechenden Leistungen am Markt gegen Entgelt „einkaufen“ müssen. Damit ist grundsätzlich ein vergaberechtsrelevanter Beschaffungsvorgang gegeben.
Dienstleistungsauftrag – Werkvertrag?
Ist das Vorliegen einer Beschaffung zu bejahen, so ist in einem nächsten Schritt grundsätzlich zu klären, welche Art von Leistung beschafft werden soll. Die Durchführung der kommunalen Wärmeplanung wird dabei regelmäßig als Dienstleistungsauftrag im Sinne des Vergaberechts zu qualifizieren sein (vgl. § 103 Abs. 4 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)). Wichtig: Welcher Vertrag im Sinne des Zivilrechts nach Abschluss der Ausschreibung bezuschlagt wird (hier kommt vor allem ein Werkvertrag in Betracht) spielt dabei aus Sicht des Vergaberechts zunächst keine Rolle!
Ermittlung des richtigen Auftragswertes entscheidend
Die Bestimmung der richtigen Auftragsart im Sinne des Vergaberechts ist wichtig, um den zutreffenden EU-Schwellenwert zu bestimmen, der darüber entscheidet, ob nach europäischem oder nach nationalem Vergaberecht auszuschreiben ist. Die Unterschiede sind gravierend: So liegt etwa der aktuelle (ab 2024) EU-Schwellenwert für Bauaufträge erst bei 5.538.000 EUR, für Liefer- und Dienstleistungsaufträge dagegen schon bei 221.000 EUR. Der konkrete Auftragswert muss vor Beginn der Ausschreibung nach bestimmten Regeln geschätzt werden (vgl. § 3 Vergabeverordnung (VgV)).
Für die kommunale Wärmeplanung bedeutet dies regelmäßig, dass eine Ausschreibung bei einem Auftragswert ab 221.000 EUR nach den europäischen Regeln, bei einem Auftragswert darunter nach dem nationalen (Haushalts-)Recht zu erfolgen hat. Auch hier sind die Auswirkungen erheblich, insbesondere, weil grundsätzlich andere Regelungen und Verfahrensbestimmungen zu beachten sind.
Nach unserer Erfahrung lagen die geschätzten Auftragswerte bisher regelmäßig unterhalb dieser Schwelle, sodass viele, insbesondere kleinere Kommunen die kommunale Wärmeplanung rein national ausgeschrieben haben. Gerade mit der umfassenden Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung aus dem WPG, die auch größere Städte erfasst, dürfte sich auch die Erforderlichkeit europaweiter Ausschreibungen jedoch tendenziell häufen. Welche Regelungen hier sowohl europarechtlich als auch national im Einzelnen zu beachten sein können, werden wir in nachfolgenden Beiträgen noch vertiefen.
Öffentlicher Auftraggeber – „planungsverantwortliche Stelle“?
Eine weitere grundlegende und im Vorfeld zu klärende Frage ist, wer die Beschaffung der kommunalen Wärmeplanung überhaupt vorzunehmen hat. Das hängt – abgesehen von Sonderkonstellationen der Beschaffung von Hoheitsträgern für andere Hoheitsträger oder der Bündelung von Beschaffungsvorgängen – zunächst davon ab, wer im Sinne des WPG sog. „planungsverantwortliche Stelle“ ist.
Planungsverantwortliche Stelle ist nach der Definition in § 3 Abs. 1 Nr. 9 WPG der nach Landesrecht für die Erfüllung der Aufgaben nach Teil 2 des WPG (d.h. Wärmeplanung und Wärmepläne nach §§ 4 ff. WPG) verantwortliche Rechtsträger.
Dazu wiederum heißt es in § 33 Abs. 1 WPG:
„Die Landesregierungen werden ermächtigt, die Pflicht zur Erstellung eines Wärmeplans nach § 4 Absatz 1 und zur Erfüllung der Aufgaben nach Teil 2 durch Rechtsverordnung auf Gemeinden, Gemeindeverbände oder sonstige Rechtsträger in ihrem Hoheitsgebiet zu übertragen und sie damit als planungsverantwortliche Stellen zu bestimmen. Dabei können die Landesregierungen bestimmen, dass diese die Pflicht und die Aufgaben in eigener Verantwortung wahrnehmen, soweit Bundes- oder Landesrecht nicht entgegensteht.“ (Hervorhebungen hinzugefügt).
Es obliegt also den Ländern, zu entscheiden, welcher kommunalen Ebene die Pflicht zur kommunalen Wärmeplanung übertragen wird (Hintergrund ist das Verfassungsrecht: nach Art. 84 Abs. 1 GG ist es Sache der Länder, die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren zu bestimmen!).
Für den nach Landesrecht als planungsverantwortliche Stelle bestimmten Rechtsträger, der sich entsprechende Leistungen zur Durchführung der kommunalen Wärmeplanung beschaffen will, muss somit geprüft werden, ob er Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts ist. Dies wiederum regelt (für das EU-Vergaberecht) die Norm des § 99 GWB, die als öffentliche Auftraggeber insbesondere Gebietskörperschaften (also v.a. Städte und Kommunen) sowie juristische Personen, die nach bestimmten Kriterien der öffentlichen Hand zuzuordnen sind, benennt. Hierunter wird die planungsverantwortliche Stelle regelmäßig zu subsumieren und damit öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts sein.
Welche weiteren vergaberechtlichen Fragen sich stellen, welche Vorüberlegungen Kommunen anzustellen haben und welche Weichen zu stellen sind, erfahren Sie in unseren kommenden Blog-Beiträgen!
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